Das Jahr 2020 war für das Autonome Frauenzentrum stark durch die Corona-Pandemie geprägt. Für die Mitarbeiterinnen im Frauenzentrum, im Frauenhaus, in der Frauennotwohnung, der Beratungsstelle für Mädchen und Frauen sowie dem Mädchentreff Zimtzicken bedeutete die neue Situation ein Arbeiten im Krisenmodus. Vorstand und Mitarbeiterinnen trafen sich zu einem regelmäßigen Krisenstab, um zu beraten, wie die Arbeit unter Pandemiebedingungen laufen kann. Nun steht der nächste Lockdown bevor.
Trotz der Belastungen wurde vieles erreicht, und die Arbeit mit kreativen Ideen und digitalen Formaten fortgesetzt. Das Thema häusliche Gewalt erhielt viel öffentliche Aufmerksamkeit, und es gab eine höhere Bereitschaft, das Autonome Frauenzentrum und seine Gewaltschutzeinrichtungen mit Spenden zu unterstützen. Während der Sommermonate konnten alle Bereiche aufatmen und zumindest im kleinen Rahmen Veranstaltungen und Projekte umsetzen.
Häusliche Gewalt – Zuspitzung der Situation durch Corona und Lockdown
Durch den Lockdown seit März 2020 hat sich die Situation gesellschaftlich und familiär geändert. Durch Kurzarbeit verschlechterte sich die finanzielle Situation; durch Schließung der Schulen und Kindertagesstätten, Beratungsstellen und vieler Freizeitangebote waren die Familien zu Hause. Der Druck stieg und somit auch die häusliche Gewalt; zugleich fielen Kontaktmöglichkeiten weg. Die Folge war, dass die Anfragen im Frauenhaus, der Frauennotwohnung und der Beratungsstelle einbrachen. Mit den Lockerungen ab Frühsommer stiegen diese dann umso stärker an. Zum Jahresende sind das Frauenhaus und die Frauennotwohnung stark nachgefragt, bei der Beratungsstelle gehen zahlreiche Anfragen ein.
Für die Frauen, die bereits im Frauenhaus und der Notwohnung waren, waren Pandemie und Lockdown eine Last, die – abgesehen von der schwierigen Lebenssituation der Frauen allgemein – für soziale Spannungen in den Wohngruppen sorgte. Als positiver Impuls wirkte der Ausbau eines W-Lan-Netzes im Frauenhaus: Die Bewohnerinnen konnten nun Kontakt zu Angehörigen aufnehmen, externe psychosoziale Beratung wahrnehmen und an Bildungsangeboten teilnehmen.
Begegnungsorte im Lockdown
Das Frauenzentrum und der Mädchentreff Zimtzicken waren als öffentliche Orte der Begegnung von Lockdown und Kontaktbeschränkungen betroffen.
Der Mädchentreff nutzte den Lockdown im Frühjahr, um Renovierungs- und Gartenarbeiten durchzuführen und an einer Handreichung zum Aufbau und Betrieb eines Mädchentreffs zu arbeiten. Die Handreichung ist Bestandteil eines EU-Projekts, in welchen Partnerinnen aus Polen, Belgien und Deutschland die Mädchenarbeit voranbringen wollen. Im Sommer konnte unter Einhaltung der Hygienebestimmungen ein trinationales Treffen in Krakau stattfinden.
Im Lockdown kommunizierte der Mädchentreff über Online-Angebote und Telefon. Im Lockdown-Light im Herbst konnten zumindest Mädchen unter 14 Jahre in den Mädchentreff kommen; für die älteren Mädchen wurden Einzeltermine angeboten. Die Sommermonate wurden genutzt, um an der frischen Luft ein abwechslungsreiches Ferienprogramm durchzuführen. Auch die interkulturelle Mädchengruppe am Schlaatz wurde stark frequentiert.
Das Frauenzentrum stellte seine Kommunikation um und versuchte, die Frauengruppen und -Netzwerke über digitale Kanäle zu erreichen. So startete im Juni das Projekt Komplizin*, das auf der Webseite komplizin.net die Landschaft der zahlreichen Frauengruppen, -Vereine und Initiativen vorstellt sowie mit einem Blog und einem Pressespiegel über neueste Entwicklungen im Bereich Frauen- und Geschlechterpolitik informiert.
Auch die politische Arbeit des Frauenzentrums verlegte sich auf Online-Formate: Arbeitsgruppen, Beiräte und Gesprächsrunden fanden über Videoformate statt. Zum 30-jähringen Jubiläum des Autonomen Frauenzentrums entstand ein Imagefilm, der in den sozialen Netzwerken verbreitet wurde.
Doch auch im öffentlichen Raum zeigte das Frauenzentrum Präsenz: Im Frühjahr demonstrierten die Mitarbeiterinnen dafür, die Interessen und Bedürfnisse von Frauen stärker einzubeziehen. Zum Weltmädchentag am 11. Oktober fand eine Fahrraddemo statt, bei der Mädchen ihre Forderungen öffentlich formulieren konnten.
Ausblick
Das kommende Jahr wird auch für das Frauenzentrum mit Lockdown und Krisenmodus beginnen. Für die Zeit ab Frühjahr hoffen die Mitarbeiterinnen auf eine Entspannung der Situation, denn es gäbe viele Anlässe, sich zu treffen und gemeinsam zu feiern: Da wäre zum einen das verschobene Jubiläum aus dem Jahr 2020, das im September mit dem Festival der Frauen begangen werden soll. Losgehen soll es am 8. März mit einem Frauentagsbrunch zum Thema Frauen & Klimawandel.
Das Frauenzentrum wird 2021 seit 10 Jahren an der Schiffbauergasse sein, und der Mädchentreff Zimtzicken feiert sein 25-jähriges Bestehen.
Neben der Förderung durch die Landeshauptstadt Potsdam, den Landkreis Potsdam-Mittelmark und das Land Brandenburg werden das Frauenzentrum und seine Anlauf- und Beratungsstellen auch 2021 auf Spenden angewiesen sein.