Walpurgisnacht – Frauen erobern sich die Nacht zurück
Die Walpurgisnacht war ursprünglich ein heidnisches Fruchtbarkeits- und Frühlingsfest, das von den Kelten und Germanen begangen wurde. Die Hagszissen – die weisen Frauen, die in den heiligen Hainen saßen, wurden besucht, um sie nach der Zukunft zu befragen.
Mit Beginn der Christianisierung hat die Kirche heidnische Feste, die in der Bevölkerung stark verwurzelt waren, in kirchliche Feste umgedeutet. Aus den guten Geistern der Kelten sowie aus den germanischen Hagszissen wurden so die Hexen. Denen wurde fortan nachgesagt, nur bösen Zauber zu betreiben und ein frevelhaftes Bündnis mit dem Teufel zu unterhalten.
Zum Schutz vor den „düstren Mächten“ bot die Kirche, die am 1. Mai heilig-gesprochene Walpurga – die Schutzpatronin der Bäuerinnen und Mägde – an, nach der die Walpurgisnacht ihren Namen erhielt.
Es wurde trotzdem in der Nacht zum 1. Mai weiter um das Feuer getanzt – nur galt dies jetzt der Abwehr gegen Hexen. Auch zogen die Menschen weiter lärmend durch die Straßen. Nicht mehr um den Frühling zu begrüßen, sondern um Geisterwesen zu verscheuchen. Man fürchtete jetzt die magischen Kräfte, was schließlich zur grausamen Hexenverfolgung führte, die nicht mehr nur geächtete und ungewöhnliche Frauen, sondern einfach jeden treffen konnte. Im 15. und 16. Jahrhundert versank Europa in einen Inquisitionsrausch nie gekannten Ausmaßes. Mehr als 9 Millionen Menschen, vor allem Frauen, wurden von der christlichen Kirche als „Hexen“ ermordet.
Mit zunehmender Säkularisierung und dem 1. Mai als offiziellen „Tag der Arbeit“ im 19. Jahrhundert hat die Walpurgisnacht mit den Mai-Demonstrationen eine politische Bedeutung erhalten.
In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts bekam der Begriff der Hexe im Zuge der Frauenbewegung eine andere positive Bedeutung. Die Hexe wurde nun zum Symbol für Stärke und Unabhängigkeit. Feministinnen bezeichneten sich selbst oft als Hexe, da Frauen, die sich der männlichen Ordnung widersetzt hatten, als solche verunglimpft worden waren. Seit 1977 protestieren Frauen in der Walpurgisnacht unter dem Motto “Wir erobern uns die Nacht zurück“ gegen Vergewaltigung und Gewalt gegen Frauen.
Das Frauenzentrum macht mit der Verleihung des Hexenbesens jedes Jahr auf die Stärken und kreativen Kräfte von Frauen aufmerksam und protestiert gleichzeitig gegen familiäre Gewalt, als häufigste Form der Gewalt in allen Teilen der Welt, die Frauen erleben.
Unter dem Slogan „Frauen erobern sich die Nacht zurück“ feierten von 2003 bis 2012 jedes Jahr mehr als 1000 Gäste – Potsdamer Frauen und Familien – auf dem Pfingstberg und bis 2015 auf dem Winzerberg ein magisches Spektakel für Groß und Klein.