Autonomes Frauenzentrum kritisiert sexistische Berichterstattung in der Märkischen Allgemeinen Zeitung
Am 17. März veröffentlichte die MAZ einen Artikel mit dem Titel „Geschlechterkampf hinter den Kulissen der Potsdamer SPD“. In dem Text finden sich unter anderem folgende Zeilen über die ehemalige Fraktionsvorsitzende der SPD Stadtfraktion Dr. Sarah Zalfen:
„Die SPD-Co-Fraktionschefin Sarah Zalfen soll bereits zurückgetreten sein – der Druck sei zu stark geworden […]. Zalfen ist berufstätig; Mutter kleiner Kinder. Der Fraktionsvorsitz ist ein arbeitsintensives Ehrenamt.“
Das Autonome Frauenzentrum Potsdam kritisiert diese sexistische Berichterstattung, denn sie erweckt den Eindruck, die Elternschaft von Frau Dr. Zalfen habe dazu geführt, dass sie ihr Amt niedergelegt habe. Sätze wie der oben zitierte senden ein fatales Signal in unsere Gesellschaft aus: Frauen mit Kindern und Jobs können kein politisches Ehrenamt ausüben. Das ist faktisch falsch und sexistisch noch dazu.
Im selben Artikel wird darauf eingegangen, dass es keine Bestätigung oder Aussage von Frau Dr. Zalfen selbst oder der Fraktion gab. Der Artikel bewegt sich also insgesamt im Bereich der Spekulation, insbesondere aber dann, wenn es um die vermuteten Gründe für eventuelle Personalwechsel in der Fraktion geht.
Es ist auffällig, dass gerade bei einer weiblichen Politikerin ihre Elternschaft prominente Erwähnung bei diesen Spekulationen findet. Es ist schwer vorstellbar, dass ähnliche Dinge über männliche Politiker geschrieben werden. Ein Beispiel: Nur wenige Tage vorher verließ der Stadtverordnete Dr. Wieland Niekisch die CDU-Fraktion. Auch er schwieg sich zu seinen Beweggründen aus. In keinem Artikel wurden Mutmaßungen über seine familiären Verhältnisse aufgestellt.
Es ist unsere gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe, Teilhabe zu ermöglichen. Dazu gehört auch eine journalistische Berichterstattung, die keine reaktionären Geschlechterrollen reproduziert und Frauen qua Geschlecht einen Fokus auf ihre Mutterrolle zuschreibt. Auch Männer haben Kinder. Auch Männer sind berufstätig. Auch Männer üben zusätzlich ein politisches oder anderweitiges Ehrenamt aus.
Das Autonome Frauenzentrum Potsdam kritisiert die unsachliche Berichterstattung und setzt sich für breite Beteiligung und Repräsentanz der Interessen von Frauen, Mädchen, Inter-, Nichtbinären und Transpersonen ein. Wir sind die Hälfte der Welt!
Hintergrund:
In Potsdam leben laut jüngsten Statistiken 51,6 Prozent Frauen. Die Stadtverordnetenversammlung – das Gremium, welches die Bevölkerung repräsentieren soll – hat aktuell einen Frauenanteil von 35 Prozent. Eine Demokratie kann nur leben und überleben, wenn ihre Organe auf dem breiten Boden der Legitimität stehen. Eine systematische Unterrepräsentanz der größeren Bevölkerungshälfte im politischen Raum ist ein Legitimitätsproblem, was dringend behoben werden muss. Darüber besteht ein breiter Konsens. Viele Parteien haben bereits interne Quoten eingeführt, um gegen dieses Problem anzukämpfen. Zuletzt beschloss der CDU-Parteitag im September 2022 die schrittweise Einführung einer Frauenquote. SPD, LINKE und Bündnis 90/die Grünen arbeiten bereits seit längerer Zeit mit einem solchen Instrument.